Der Gummifluch… Addis Abeba – Yabello – Äthiopien

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Wie sich vielleicht rum gesprochen hat, haben wir mittlerweile Nairobi erreicht. Das nimmt ein wenig die Spannung der nachfolgenden Berichterstattung, aber das ist vielleicht auch besser so. Also uns geht’s gut. Wir haben uns in Nairobi in Chris „Jungle Junction“ häuslich eingerichtet, um Grisu wieder auf Vordermann zu bringen. Aber nun von vorn:

 Hauptverkehrsstraße nach Kenia

Hauptverkehrsstraße nach Kenia

Von den ersten zwei Tagen in Richtung Süden lässt sich gar nicht soviel berichten. Wir hatten uns mit Chris, dem südafrikanischen KTM-Fahrer, der schon fast zur Familie gehört, in Awassa verabredet. Er war voraus gefahren und hatte zufällig John & Amy sowie Liina und H.-J., die in Wadi Halfa zur temporären Grisubesatzung gehörten, getroffen.

Für fast jeden, der von Äthiopien in Richtung Kenia aufbricht, stellt sich die Frage, welche Route nach Kenia eingeschlagen werden soll. Die Wahl liegt zwischen der kürzeren und technisch einfacheren, aber trotzdem sehr üblen, fahrzeugschindenen Piste über Moyale nach Isiolo und Nairobi und dem großen Umweg über den Lake Turkana durch deutlich interessantere Landschaften und Regionen aber dafür auch über deutlich schwierigere Pisten fernab jeder technischen Unterstützung und nur wenig Versorgungsmöglichkeiten. Ich hatte schon vor 13 Jahren von der Strecke zum Lake Turkana geträumt, aber Zeit und fehlende Reisepartner sowie die damalige Sicherheitswarnungen hatten mich davon Abstand nehmen lassen. Bislang hatte ich kaum gewagt, daran zu denken, mit Grisu diese Strecke zu wählen. So eine Strecke fährt man nicht allein, und so viele hatten über die angeblich fast unpassierbaren Pisten gestöhnt.

Aber nachdem wir endlich unser Reifenproblem gelöst hatten und HJ & Liina sowie Chris sich mit uns gemeinsam für die Turkana-Strecke entscheiden würden, brauchte es keiner Überredung, um auf dieser Strecke in eines der letzten entlegenen Gebiete Afrikas und seinen ursprünglichen Völkern aufbrechen zu können. Außerdem wollte die schon oft getroffene deutsche Reisegruppe, die von Ronja und Julia sozusagen eigenmächtig adoptierten Großeltern, einen Tag später in dieselbe Richtung aufbrechen. Für eine entsprechende Nachhut war also gesorgt. Da Liina und H.-J.s Visa auslief, hatten wir uns mit Chris in Awassa verabredet, um möglichst tags drauf auf H.-J. und Liina zu treffen. John & Amy hatten sich dagegen für die Fahrt nach Moyale entschieden. So werden wir sie so schnell nicht wieder sehen.

wer laufen kann, kommt gerannt

...wer laufen kann, kommt gerannt...

Wie immer zog sich unsere Abfahrt aber ziemlich und wir hatten nicht mit dem Verkehr in Addis gerechnet. Erst gegen 16:30 erreichten wir den Stadtrand von Addis und kurz drauf holte uns die – manchmal sehr gemeine – Realität wieder ein. Ein allzu bekanntes Fahrgefühl und –geräusch machte sich von hinten rechts bemerkbar. Der neue Reifen war platt. Ich war überzeugt, es muss ein Gummifluch über uns liegen. Auch wenn der Reifenwechsel mittlerweile in nur noch 25 Minuten bewältigt wurde, hätte ich mir das Training gerne gespart. In solchen Momenten höre ich immer wieder Ronjas Kommentar zu Julia: „alle anderen fahren immer, nur wir bleiben immer liegen“. Wenn ich nicht schon so angenervt gewesen wäre, hätte ich mich über den folgenden Hilfsversuch eines äthiopischen Passanten schon amüsieren können. Nachdem der defekte Reifen abmontiert und das Ersatzrad fertig zur Montage vor der Achse platziert ist, riss mir jener Passant förmlich das Werkzeug aus der Hand und wollte trotz meiner heftigen Gegenwehr den Reifen umdrehen. Er schien nicht bemerkt zu haben, das Grisu keine Doppelbereifung mehr hat. Erst wurde fast ein Handgemenge daraus, bis er begriff, dass er nicht gerade zum Fortschritt meiner Arbeit beitrug.

Glücklicherweise war die Straße erstaunlich gut und so erreichten wir sehr spät im Dunkeln Awassa und feierten Wiedersehen mit Chris. Am nächsten Tag ging es nach Reifenreparatur, Einkauf und Schweißarbeit an Chris Motorrad weiter Richtung Süden. Die Straße war aber nicht mehr besonders. Viele Schlaglöcher und natürlich das auf und ab zwischen 1500 und 2500 Meter ließen uns nicht so schnell vorankommen. Außerdem regnete es fast den ganzen Tag. Die Landschaft wechselte rasant zwischen tropischem Wald, Farmland und trockener Savannenlandschaft. Aufgrund unseres späten Starts in Awassa mussten wir das Treffen mit H.-J. & Liina auf den nächsten Tag verschieben. Zwischendurch wurde die Fahrerei durch aufdringliche Ananasverkäufer aufgelockert, die versuchten und neben unmöglichen Preisvorstellungen gleich ihre gesamte Ananasfracht durchs Fenster zu quetschen. Trotzdem boten sich uns atemberaubende Ausblicke über die Höhenzüge des äthiopischen Hochlands. Aber wir erreichten Yabello nicht ohne erneut unseren erst morgens reparierten Reifen zu wechseln. Der Fluch blieb uns treu.

05.02.2010 tropischer Wald im äthiopiscchen Hochland

tropischer Wald im äthiopischen Hochland

One Comment

  1. Comment by Benedikt:

    Meine Güte ist das spannend.

    Liebe „Afrikaner“,

    es macht soviel Spaß und Freude von Euch zu lesen, dass man fast das Gefühl bekommen könnte selbst mit dabei zu sein. Ich freue mich jetzt schon auf den nächsten Bericht. Und ich denke vielen anderen geht es genauso.

    Viele liebe Grüße aus dem viel zu kalten Deutschland.

    Benedikt

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