Weihnachtsstress mal anders

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Heute hat uns eine kleine erfreuliche Flut warmer Weihnachtsgrüße aus dem scheinbar sehr kalten und verschneiten Deutschland erreicht. Da wird einem richtig warm ums Herz. Wir haben uns gemütlich aus dem Sinai zurück nach Kairo bewegt und dabei von Tag zu Tag immer noch einen Zwischenstopp eingeschoben, denn irgendwie hat es keinen von uns so wirklich hierhin gezogen. Stattdessen haben wir uns in der unbeschreiblichen Bergwelt des Sinais einen Wandertag gegönnt. Ursprünglich hatten wir von einer Besteigung des als Mosesberg „ausgekorenen“ über 2200 Meter hohen Berges abgesehen, da wir die Kleinen ja nicht „überfordern“ wollten. Aber die beiden sind mittlerweile so selbstbewusst, dass Sie uns unmissverständlich klar gemacht haben, dass Sie gefälligst wandern wollen. Und zwar richtig. Tja, sie sind ja auch im Gegensatz zu uns echte Bayern. Der Berg wird von den Massen wegen der angeblich spektakulären Farben bevorzugt vor Sonnenaufgang bestiegen oder alternativ nach Sonnenuntergang wieder verlassen, aber das war uns dann doch zu heikel und so entschieden wir uns für eine gemütliche Tour am Tage. Nachdem sich unser Weg an einigen Klostergärten vorbei langsam um den Berg zog und zwischenzeitlich dann doch von dem ein oder anderen erwarteten… „mir tun die Füße weh, Mami“ begleitet wurden, machten wir uns schon über Alternativen Gedanken. So hätten wir an verschiedenen Stellen auf dem Wege nach oben auch wieder eine andere Abstiegsroute wählen können. Aber als der letzte Abschnitt – nochmal rund 750 unförmige Felsstufen – zum Gipfel zu sehen war, war kein Halten mehr. In einer herrlichen Zweisamkeit kletterten Julia und Ronja in größter Harmonie auf den Gipfel. Ob es an der besonderen Geschichte dieses Berges lag? Während sonst der Ehrgeiz zwischen den beiden entbrennt, wer denn nun als erster oben ist, haben sie sich Händchen haltend Stufe um Stufe nach oben geholfen. Dazu muss man wissen, das manche der Stufen für drei Käse hoch schon wirklich zu erklettern sind. Am Ende haben sie uns beide sogar abgehängt, was uns angesichts der doch recht tiefen Ausblicke nicht wirklich recht war. Leider hat Johanna es nicht richtig genießen können, da die letzten 100 Meter wohl zuviel waren. Sie war froh weiter unten wieder mehr Sauerstoff zu bekommen. Aber die Julia und Ronja genossen Ihren Erfolg.

So traten wir dann den Abstieg an. Unser obligatorischer Führer wollte uns angesichts des Kräftehaushalts der Gruppe dann auch einen besonders schnellen und einfachen Weg zeigen. Doch trotz aller Versprechungen nach etlichen Nachfragen, fanden wir uns schließlich im Stockdustern in einem steilen Geröllfeld ohne Weg wieder. Dafür nur wenige 100 Meter von unserem Camp entfernt. Leider auch wenige 100 Meter Höhenunterschied dazwischen. Das trübte die Freude über diesen Bergtag dann doch nachhaltig, da diese Grenzerfahrung den Kindern genauso wir uns reichte. Dabei wäre der vom Führer bewusst verlassene Hinweg so einfach und im Nachhinein sogar zeitlich kürzer gewesen. Wir waren glücklich, dass alle dieses Gestolper unverletzt überstanden haben.

Am nächsten Tag sind wir dann langsam weiter gezuckelt. In Begleitung von Josef, einem Einradfahrenden Slovenier, der Johanna und mir sofort symphatisch war, als wir ihn abends im Camp trafen und er mit Jonglage etc. die Kinder nach der Bergtour empfing. Er könnte locker unser Vater sein, und erinnerte mich sofort an Vater Abraham mit seinem grau weißen Vollbart. Gemeinsam haben wir im Wadi Feiran erstaunlich unbeachtete Ruinen einer der ersten christlichen Städte besichtigt. Grundmauern des Bischofssitzes aus dem vierten Jahrhundert wittern am Wegesrand einfach vor sich hin. Dabei sind sich die Gelehrten gar nicht sicher, ob nicht der Berg neben dieser Stätte nicht genauso der Mosesberg sein könnte… Schließlich haben wir Kairo vorgestern nach einer wilden Übernachtung an den Pharaonenquellen erreicht und einen ersten erfolglosen Versuch unser Paket am Flughafen abzuholen, hinter uns gebracht. Der Zoll hatte schon zu. Um zwei Uhr!

Dafür schlug Johannas große Stunde dann heute. Nachdem wir erfolgreich die erfreulich freundliche Deutsche Botschaft wegen eines Empfehlungsschreibens für den Sudan besucht hatten, anschließend Formulare über Formulare in der sudanesischen Botschaft ausgefüllt haben, um schließlich einen Haufen Geld für die Visas, die wir hoffentlich morgen bekommen, zu bezahlen, übernahm Johanna das Heft. Das Ersatzteilpaket vom ADAC war an sie adressiert. Also musste es auch von ihr abgeholt werden. Meines Erachtens müssen die Ägypter die Erfinder der Bürokratie sein. Dennoch hat Johanna es geschafft, in drei Stunden unser Paket durch den Zoll zu bekommen, dabei Ihren Führerschein als Passport zu verkaufen, keinen der zahlreichen Schlepper zu bezahlen und lächerliche 5 Euro Zoll für das gesamte Paket zu zahlen. Wahrscheinlich ist sie aber auch um ein paar graue Haare reicher. Zumindest musste sie von ferne betrachtet, denn wir durften in die „Sperrbezirke“ nicht mit hinein, alle Register der Schauspielkunst (oder war es gar nicht gespielt?), ziehen, um das Paket schließlich um 16 Uhr in der Hand zu halten.

Dementsprechend fertig ist sie nun. Wenn wir morgen nun unser Visum für den Sudan bekommen, werden wir wahrscheinlich den schnellsten Weg in die Wüste suchen, um ein paar Tage in Ruhe zu genießen und unsere eigene Weihnachtsstimmung zu finden. Hilfestellungen dafür bekommt man zumindest aus Kairo wenig…

Also vielleicht mehr und mal wieder Bilder noch morgen. Falls nicht… schon von hier aus frohe, geruhsame Weihnachten an alle.

Marcel

4 Comments

  1. Comment by Matthias:

    Liebe Familie Noller,

    Dir lieber Marcel, nachtraeglich ganz herzliche Glueckwuensche zum Geburtstag und alles Gute.

    Mit Begeisterung lesen wir regelmaessig Eure Reiseberichte, auch Eure beiden Kleinen haben offensichtlich eine Menge Spass in der Ferne. Bitte passt weiterhin gut auf Euch auf!

    Wir wuenschen Euch ein schoenes Weihnachtsfest in der Ferne!

    Herzliche Gruesse aus dem mittlerweile leider gar nicht mehr winterlichen Deutschland.
    Matthias, Christine und Helena

  2. Comment by julio+habib+isabel:

    frohe Weihnachten !!

  3. Comment by Annette:

    Hallo Ihr Lieben,

    frohe, gesegnete Weihnachten Euch allen. Wie es wohl bei Euch sein wird? Bin gespannt was Ihr berichtet.
    Wie üblich sind M u. J wieder bei mir.
    Ist ja interesssant, ich hatte gerade in einer Zeitschrift den Berg Moses abgebildet gesehen und einen Bericht darüber, wie schön es ist den vor Sonnenaufgang zu besteigen. Somit kann ich den Weg etwas verfolgen wo Ihr gegangen seid.

    An Julia und Ronja einen ganz lieben Gruß uns für alle einen dicken Weihnachtsbussy!

    Lieben Gruß

    Annette

  4. Comment by Michael:

    Hallo ihr lieben,
    euch allen vieren schöne besinnliche Weihnachten in der Wüste. Wir denken ganz viel an euch und werden morgen abend euch in Gedanken bei uns haben. Allan kennt ja nur Weihnachten mit Julia und Ronja, er wird euch besonders vermissen. Lieber Marcel, liebe Johanna, liebe Julia und liebe Ronja, ich und Allan und Chawan drücken euch ganz fest. Bis bald,

    Michael

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